Briefe an Freunde, Moskau (Norbert Schott)

Post III

22. Juli 2003

Wichtiges Inventar einer Post: Nähmaschine und ein leuchtender Topf mit brauner Masse.

Ich war wieder bei der Post. Zwei Rucksäcke im Schlepptau wollte ich mich überraschen lassen, was ich nach Deutschland verschicken kann und was nicht.

Nicht verschicken darf ich mein Deo - Rasierschaum ist aber erlaubt. Die Lautsprecher und eine Verlängerungsschnur sind auch tabu. (Technik ist im internationalen Postamt abzugeben, ich war aber dummerweise auf dem Hauptpostamt.) 

Ein Rucksack sollte in Moskau bleiben, also bat ich an Schalter 41 nach einem der schönen dort ausgestellten Kartons. Ich sollte zu Schalter 46 gehen, dort verlangte man meine Sachen. Als ich sie hingeschleppt hatte, sagte man mir, ich solle zu Schalter 41 kommen. 

Einen Karton wollte man mir immer noch nicht geben. Alle Sachen, die nicht in den zweiten Rucksack passen, sollte ich in meine Winterjacke einwickeln und diese verschnüren. Nach einigen Diskussionen der blaubeschürzten Frauen sollte ich danach Rucksack und Jacke miteinander verknoten. 

Nun löste sich das Geheimniss, warum an Schalter 41 Nähmaschinen herumstehen! Die Schalterdame holte Stoff, nahm an meinem lustig ausschauenden Knäuel Maß und begann, einen Sack zu nähen! Nach zehn Minuten war das Wunderstück fertig, Rucksack und Jacke verschwanden darin. Mit einer großen Nadel wurde alles zugenäht. 

Nun kommt der leuchtende Topf zum Einsatz. Eine Lampe erhitzt eine braune Pampe, mit welcher der Sack versiegelt wird. Richtig klassisch, ohne scherz: Siegel Российская почта ("Rossiskaja potschta"), wie im Märchen! Selbst das kleine Loch an einer Naht wurde wieder versiegelt.

Nun wieder zu Schalter 46. Hier füllt man drei Formulare aus, inklusive Inhaltsangabe des Paketes. Die Adresse wird mit Kuli auf den Sack geschrieben, eine Briefmarke (!) darauf geklebt und dann kommt der Preis: 1900 Rubel plus 130 Rubel für den Sack. 24 kilo nach Deutschland - 60 Euro. 

Mein Beitrag zum Spaß bei der Post: Drückt man an einer bestimmten Stelle auf den Sack, beginnt ein Stofftier ein russisches Kinderlied über "zwei lustige Gänse" zu singen. Die Frauen in den blauen Schürzen sollen doch auch was zu Lachen haben. 

Nach zwei Stunden Stress mit dem Gepäck eines Deutschen haben sie es sich verdient.