Briefe an Freunde, Novosibirsk (Norbert Schott)

Ehefähigkeit und andere mysteriöse Dinge

11. Mai 2005

Nach langer Zeit nun einmal wieder ein Bericht aus Russland. Ich bin also inzwischen verheiratet, dazu noch einige juristische Anmerkungen:

Heiratet ein in Russland lebender und gemeldeter Deutscher eine Russin in Russland, so fordert das russische Standesamt einen Ehefähigkeitszeugnis mit Apostille von deutscher Seite. Beides wird am letzten deutschen Wohnort ausgestellt, das Ehefähigkeitszeugnis im Standesamt, die Apostille anschließend im Regierungspräsidium. Eine Apostille ist ein Stempel, der die Gültigkeit des bereits existierenden Stempels bestätigt.

Norbert Schott und Ksenia NabokaDer Dresdner Standesbeamte, Herr Henker, will für das Ehefähigkeitszeugnis eine Abstammungsurkunde des Deutschen. Diese bekommt man im Standesamt des Geburtsortes, in diesem Fall also auch bei Herrn Henker. Ferner will das Standesamt eine Meldebescheinigung des Deutschen, also einen Stempel aus dem Nowosibirsker Generalkonsulat. Sowie die Geburtsurkunde und den Pass der Russin - übersetzt und beglaubigt. Zuletzt noch einen Ledigkeitsnachweis der Russin - den es in dieser Form aber nicht gibt.

Nach russischem Verständnis gilt eine Person als unverheiratet, wenn im Inlandspass (gleichzusetzen mit dem Personalausweis) kein Vermerk über eine Ehe existiert. Eine Bestätigung des nicht existenten Vermerks kann man in seinen Auslandspass (gleichzusetzen mit dem Reisepass) übertragen, was in Deutschland meist als Ledigkeitsnachweis akzeptiert wird.

Die Bestätigung des Vermerks trägt die Meldestelle des Wohnbezirks in den Auslandspass ein - nach schriftlichem Antrag und Bezahlung von 100 Rubel (drei Euro). Die Kontoverbindung solle in der örtlichen Sparkasse hinterlegt sein, wo man jedoch wiederum auf die Meldestelle verweist. Keiner weiß also, wo man bezahlen muss. Auf nachfrage des deutschen Generalkonsulats erinnern sich die Beamten jedoch plötzlich. 

Das Eintragen der handschriftliche Vermerkung im Auslandspass, dass die Bürgerin der russischen Förderation, Ksenia Naboka, in ihrem Pass der russischen Föderation, gültig auf dem Gebiet der russischen Föderation, keinen Vermerk über die Registrierung einer Ehe hat, dauert über vier Wochen. Da in diesem Fall jedoch das Fazit: "Frau Naboka ist ledig." vergessen wurde, ist die die Formulierung für Deutschland Nichts sagend.

Der Standesbeamte Henker ist aber freundlich und stellt auf bitte des deutschen Generalkonsulats und guter Dresdner Freunde dennoch eine Ehefähigkeitsurkunde aus, die im Regierungspräsidium mit einer Apostille bestätigt wird und von guten Novosibirsker Freunden bis nach Sibirien gelangt. 

Diese Urkunde mitsamt Apostille muss nun nur noch ins Russische übersetzt werden. Wie schon bei allen vorherigen Übersetzungen macht man das am besten selbst und lässt es sich am Ende für einige hundert Rubel bei einem mysteriösen Juristen abstempeln.

HochzeitsgesellschaftNun kann man im Standesamt die Hochzeit anmelden - vorher sind natürlich wieder 200 Rubel zu zahlen, wobei die Kontoverbindung bekannt ist. Zum Zeitpunkt der Hochzeit sollte der Deutsche natürlich in der Stadt der Trauung eine aktuelle Registrierung haben, ansonsten könnte die Ehe als nicht gültig gewertet werden. (Das heißt, dass man die Hochzeitsnacht am besten im Hotel verbringt, dort ist die Registrierung ganz sicher.)

Nach der Hochzeit bekommt auch ein Deutscher in Russland Wohnrecht, wofür wiederum die Heiratsurkunde, ein polizeiliches Führungszeugnis, vier Gesundheitstests, ein Einkommensnachweis der Gattin sowie eine Unterkunftsbestätigung vorliegen müssen. Ob, wie und wann ich nun mein Wohnrecht bekomme, das ist aber schon wieder eine ganz andere Geschichte.

An dieser Stelle noch einmal vielen herzlichen dank Susanne, Claudia und Julia vom Generalkonsulat, den guten Freunde Anja, Thea, Falk und Robert sowie dem Standesbeamten Henker.